1937
Oldenburg gegen Ostfriesland 1937
Dies war der erste Feldkampf Oldenburg-Ostfriesland. Dieser Länderkampf ist der Nachfolger der alten Feldkämpfe Stad- und Butjadingerland gegen Ostfriesland.
1937 wurde dieser Feldkampf als der bedeutenste Feldkampf aller Zeiten angesehen, noch heute bewerten einige Friesensportler das so, denn seit 1937 haben sich diese Länderkämpfe etabliert und finden noch heute jährlich bei Kahlfrost statt.
Dieser Feldkampf zeigte bereits den immer weiter zunehmenden Einfluß und das Interesse des NS-Regimes am Friesensport. So kündigte der Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten (Wikipedia-Artikel) zuerst sogar sein Kommen an, schickte letztendlich aber nur ein Glückwunschtelegramm. Durch die Anwesenheit vieler SA- und HJ-Angehöriger war dann das gemeinschaftliche Treuegelöbnis auf den Führer und das Singen nationaler (deutschnationaler) Lieder sicherlich schon fast erzwungen. Dennoch zeigt sich, daß sich auch der Friesensport nicht gänzlich der Unterwanderung durch den NS-Staat entziehen konnte. Wurden Jahre zuvor noch friesische Lieder angestimmt waren es nun die nationalen Gesänge der NS-Zeit. Und auch die Symbolik änderte sich. Zwar trug die Wanderfahne des FKV immer noch die alten Schlachtrufe "Lüch op un Fleu Herut" und "Eala Frya Fresena" und auch die Oldenburgischen und Ostfriesischen Wappen und Farben, doch wurde sie nun durch ein beidseitiges Hakenkreuz ergänzt, was den Gedanken von einem freien Friesland schon gänzlich pervertiert. Wie kann es freie Friesen oder überhaupt freie Menschen in einem totalitären, menschenverachtenden Staat wie es der NS-Staat war geben?
Weitergehend empfehle ich zu diesem speziellem Thema das Buch "Klootschießen, Boßeln, Schleuderball" von Helge Kujas, ISBN 978-3895982286.
Aber nun zum Feldkampf selber:
Datum: 28.01.1937
Ort: Hohenberge
Teilnehmerzahl: 6:6
Zuschauerzahl: Zwischen 4000 und 5000 Zuschauer, die den kompletten Wettkampf verfolgten, ca. das Doppelte an Zuschauern, die nur einen Teil verfolgten
Anzahl Runden: 5 geplant, letztendlich nur 4 Runden geworfen
Sieger: Ostfriesland mit 4m
Schiedsgericht: Elimar Böning, H. Klockgether, Joh. Heeren
Mannschaftsbetreuer: Gustav Dierks für Oldenburg
Bahnweiser: H. Reiners, H. Bartels und Logemann
Mattenrichter: A. Kahle, D. Bundt und Joh. Holzen
Stockleger und Klootpasser: Otto Fels, Chr. Müller, Friedrich Reinken
Entfernungsmesser: Hilbers aus Langendamm und Bredehorn aus Bockhorn
Schildträger: Peter Behrends, August Feus, als Träger des Sprungbrettes und der Matte stellten sich Blexer bereit.
Fahnenträger: Elimar Ahting
Teilnehmer Oldenburg: Johann Hullen aus Osterende bei Zetel (Friesische Wehde), damals 20 Jahre alt --- Heinrich Bahlmann aus Stollhamm (Butjadingen), damals 24 Jahre alt --- Werner Oetken aus Düke (Butjadingen), damals 25 Jahre alt --- Anton Dunkhase aus Burhave (Butjadingen), damals 25 Jahre alt --- Jan Oeltjen aus Moorsee (Butjadingen), damals 25 Jahre alt --- Wilhelm Janßen aus Petersfeld (Ammerland), damals 30 Jahre alt und somit der älteste Teilnehmer Oldenburgs.
Teilnehmer Ostfriesland: Gerdes aus Utgast, H. Stallmann aus Wittmund, D. Janßen aus Friedeburg, H. Kleen aus Menstede, H. Lohmeyer aus Berumersiel, R. Gerdes aus Utgast
Top-Werfer Oldenburg: Anton Dunkhase mit 473,50m (Höchstwurf 134,00m), Johann Hullen mit 472,50m (Höchstwurf 133,50)
Top-Werfer Ostfriesland: D. Janßen mit 453m (Höchstwurf 131,00m), H. Lohmeyer mit 452m (Höchstwurf 119,00m)
Gesamtergebnis Oldenburg: 1. Durchgang = 606,50m, 2. Durchgang = 690m, 3. Durchgang = 656,50m, 4. Durchgang = 718m, Gesamt = 2671m
Gesamtergebniss Ostfriesland: 1. Durchgang = 651m, 2. Durchgang = 633m, 3. Durchgang = 732m, 4. Durchgang = 630m, Gesamt = 2646m
Bester Durchgang: 3. Durchgang der Ostfriesen mit 732m
Ablauf des Feldkampfes: Bedingt durch eine enorme Kälte und einen schneidenden Ostwind hält es an diesem Wettkampftag "nur" 4000 bis 5000 Zuschauer dauerhaft in Hohenberge. Eine Zuschauerzahl, die heute wahrlich niemanden stören würde. Viele andere Zuschauer sind zwar aufgrund des Menschenauflaufes interessiert, suchen aber aufgrund der Witterung schnell das Weite.
Die Rodenkirchener und Ocholter Arbeitsdienste sperrten mit Tauen das Wurfgelände ab um die Kampfbahn für die 20-30jährigen Werfer und ihre Betreuer frei zu halten. Viele alte Recken vergangener Feldkampf-Highlights stehen bei den sich aufwärmenden Werfern, geben ihnen letzte Tipps und Ratschläge.
Der Boden war steif gefroren, jedoch etwas mullig, was sich später auch in den Wurfweiten widerspiegelte. Überhaupt waren heute keine Rekordweiten möglich, das sah das geschulte Klootschießerauge schnell. Maulwurfshügel, Grübschen, Grasbüschel, Ackerfurchen, das Gelände war nicht wirklich Trüllfreundlich, was aber ja für beide Parteien galt.
Als erster Werfer ging Johann "Jan" Hullen übers Brett. Die Kugel kam erst bei 135,50 Meter zum Stehen, Tagesbestleistung gleich im ersten Wurf. Als erster Ostfriese konnte Gerd Gerdes aus Utgast mit einem Wurf von 123 Metern den Abstand überschaubar halten, seine Mannschaftskameraden überzeugten durch ein gleichmäßiges Ergebniss während Dunkhase und Oeltjen nacheinander mit 87,50 Meter und 78 Meter empfindlich patzten. So ging der erste Durchgang verdient an Ostfriesland, die einen Vorsprung von 45 Metern anhäuften.
Im zweiten Durchgang drehte Oldenburg nun auf, kein einziger Wurf unter 100 Meter, zwei Würfem, von Bahlmann und Dunkhase, gar über 130 Meter. Ostfriesland zeigte sich durchweg beeindruckt, Stallmann patzte nun auf ostfriesischer Seite mit einem 80 Meter-Wurf. Und so lagen nach Durchgang 2 nun auch die Oldenburger vorne mit 12 Metern.
Nach den ersten Werfern des dritten Durchgangs wurde beschlossen aufgrund der fortgeschrittenen Zeit zu wenden. Und ab hier verließ die Oldenburger das Glück. Gleich mehrfach mußte man wegen Hindernissen die Laufmatten zurücklegen und verlor so mindestens 45 Meter. Und als ob das nicht genug Pech war, traf man sogar mehrfach unachtsame Zuschauer und einmal auch eine Bahnweiserfahne und die Würfe mußten wiederholt werden.
So häufte Ostfriesland alsbald einen Vorsprung von fast 100 Metern an und wägten sich anfangs des 4. Durchganges schon als sicheren Sieger. Doch schon legten die Oldenburger zum Endspurt an. Hullen mit 118 Metern, Oetken mit 131 Metern, Dunkhase mit 122 Metern und Oeltjen mit 130 Metern zeigten warum sie nominiert wurden. Gerd Gerdes mit 86 Metern und Janßen mit 90 Metern patzten dagegen auf ostfriesischer Seite. Und so waren beide Parteien vor dem letzten Wurf gleichauf, die Spannung war enorm. Doch die Ostfriesen hatten die stärkeren Nerven und Gerdes war exakt 4 Meter weiter als Janßen.
Die Begeisterung auf ostfriesischer Seite war enorm, doch auch auf Oldenburger Seite mußte man sich nicht verstecken. Zum einen war das Ergebniss denkbar knapp und zum anderen war man in der Addition der Einzelwürfe sogar 25 Meter besser.
So war es auch am Abend im Alleehotel in Varel eine entspannte Siegesfeier bei der Oldenburger und Ostfriesen ihre freundschaftliche Rivalität bei friesischem Gesang und ausreichend Schluck vertieften.
Vorbericht - Butjadinger Zeitung vom 03.01.1937
Vorbericht - Butjadinger Zeitung vom 07.01.1937
Auswahlwerfen - Butjadinger Zeitung vom 11.01.1937
Auswahlwerfen für den Feldkampf
Ausführlicher Bericht über das Auswahlwerfen zum bevorstehenden Klootschießerfeldkampf
Erläuterung - Butjadinger Zeitung vom 21.01.1937
Ankündigung - Butjadinger Zeitung vom 22.01.1937
Probewerfen - Butjadinger Zeitung vom 24.01.1937
In Erwartung des Klootschießerfeldkampfes
Bericht über die Generalprobe der Oldenburger Mannschaft in Burhave.
Ankündigung - Butjadinger Zeitung vom 25.01.1937
Ankündigung des Feldkampfes
Diese Ankündigung des Feldkampfes stammt von der Titelseite der Zeitung und zeigt, daß der Feldkampf im Januar 1937 das alles beherrschende Thema war.
Zum Kampf bereit - Butj. Zeitung vom 27.01.1937
Unsere Klootschießer zum Kampf bereit
Artikel aus dem Regionalteil der Stadtgemeinde Nordenham über den bevorstehenden Feldkampf.
Aufruf - Butjadinger Zeitung vom 27.01.1937
An use Volk
Dieser Aufruf zur Unterstützung gilt allen Klootschießern und Interessierten im Oldenburger Land.
Vorbericht - Butjadinger Zeitung vom 27.01.1937
Klootschießer-Wettkampf Oldenburg gegen Ostfriesl.
Dieser Vorbericht erinnert zugleich an die vorangegangenen Feldkämpfe
Sonderzug - Butjadinger Zeitung vom 27.01.1937
Sonderzug
Die Reichsbahn setzte wegen des erwarteten, und auch eingetretenen, Zuschauerandrangs Sonderzüge nach Varel ein.
Vorabend - Butjadinger Zeitung vom 28.01.1937
Der Kommers am Vorabend
Auch dieses Treffen der Klootschießer nutzte die NSDAP um sich zu präsentieren, wenn auch mit auffällig mildem Ton.
Drahtbericht - Butjadinger Zeitung vom 28.01.1937
Der Beginn des Feldkampfes
Die Zeitungen berichteten damals noch am selben Tag von den Ereignissen. Eine Ehre, die damals nicht einmal dem Fußballsport zuteil wurde.
Hauptbericht - Butj. Zeitung vom 29.01.1937
Ergebnistabelle - Butj. Zeitung vom 29.01.1937
Ergebnisse
Hier sind die Ergebnisse des Feldkampfes aufgelistet. Runde 5 fiel aus, es wurden nur 4 Runden geworfen.
Neue Fahne - Butjadinger Zeitung vom 28.01.1937
Siegesfeier- Butjadinger Zeitung vom 29.01.1937
Bericht über die Siegesfeier im Alleehotel Varel
Dieser Artikel zeigt gut, wie der Friesensport immer mehr auch durch den NS-Staat vereinnahmt wurde.
Nachlänge - Butjadinger Zeitung vom 29.01.1937
Verfasser: Elimar Böning
Elimar Böning nahm an allen Feldkämpfen Stad- und Butjadingerland gegen Ostfriesland teil und blickt hier auf den ersten Länderkampf zurück
Quellen:
Vielen Dank der Kreiszeitung Wesermarsch und des Rüstringer Heimatbundes, die diese Recherche durch den Zugang zu Ihren Archiven möglich machten.
Die Kreiszeitung Wesermarsch berichtet seit 1865 (damals noch als Butjenter Zeitung) über Aktuelles aus der Klootschießerwelt.
Der Rüstringer Heimatbund besteht seit 1892 und hat sich der Pflege regionaler Brauchtümer, der Erforschung regionaler Geschichte und der Sicherung dieser verschrieben.
Besucht bitte die Internetauftritte unserer freundlichen Unterstützer:
http://www.kreiszeitung-wesermarsch.de
http://www.ruestringer-heimatbund.de