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Schattendasein als Alternative

Schattendasein des Boßelns

Das frühe Boßeln ist nie über den Status der Klootalternative hinweg gekommen. Während Klootwettkämpfe von jeher regelrechte Volksfeste waren, bei denen es neben dem Klootschießen auch, vielleicht sogar vor allem, um die Wahrung von Traditionen und Brauchtum ging, fristete das Boßeln ein Dasein, dass man wohl am ehesten mit dem heutigen Klootschießen vergleichen kann. Es gab das Boßeln, man kannte es und es erfreute sich auch einer großen Beliebtheit, stand aber immer im Schatten der großen Kloot-Feldkämpfe. Zum Boßeln traf man sich spontan ohne große Einhaltung von Aufforderungs-Ritualen, legte die Regeln jedes Mal aufs Neue fest und boßelte drauf los.
Zwar schlossen sich die Boßler von Anfang an dem 1902 gegründeten Friesischen Klooschießer-Verband an, dennoch gab es Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts weder eigene Vereins-Strukturen noch wirklich festgelegte Regeln. Dieses Kräfteverhältnis änderte sich indirekt durch die NS-Herrschaft, die den Einfluss alter Klootschießertraditionen schwächten und die Versportung, die tatsächlich aber schon durch die Gründung von Vereinen und Verbänden (im Geiste von Turnvater Jahn) viel früher begonnen hat, vorantrieben.
Die Schwächung des Traditionsbewusstseins in der Bevölkerung für den so von Traditionen abhängigem Klootschießen hat dem Friesensport letztendlich schwer geschadet. Hinzu kommt die Mobilmachung des Volkes im Zuge des zweiten Weltkrieges. Immer mehr Friesen lernten während ihrer Dienstzeit andere Sportarten kennen, die durch ihre Popularität im gesamten deutschen Reich für ehrgeizige Sportler nahezu verführerisch wirken mussten. Die vom NS-Regime mit großem Eifer vorangetriebenen Leichtathletik-Sportarten, der Fußball und andere Sportarten fingen an dem Klootschießen den Rang abzulaufen.
In Ostfriesland kam es Ende der 1930er-Jahre zu einer Förderung des Boßelsports an den Schulen, um für die Klootschießerbewegung auch in den bisher nicht erschlossenen Gebieten Anhänger zu finden.
Die kriegsbedingten Entbehrungen und Nöte, der Kriegstod vieler Friesensportler, die Hungersnöte und der direkt nach dem Krieg stattfindende Zuwandererstrom aus Gebieten, denen das Klootschießen fremd war, ließen nun aber kaum noch Raum für Wahrung von Traditionen und Bräuchtümern.
Zwischen 1939 bis 1945, als das Klootschießen kriegsbedingt unmöglich wurde, kam es gelegentlich zu Boßelwettkämpfen, jedoch mehr sporadischer Natur.

Urkunde aus 1935

H. Eisenhauer

Schulsport - Butjadinger Zeitung vom 19.01.1937

Boßeln im Turnunterricht

Ende der 1930er kam es zum Versuch, das Boßeln auch im Turnunterricht der Schulen zu etablieren. Noch heute versuchen viele Vereine dies durchzusetzen, scheitern aber oft auch an einer ablehnenden Haltung der Lehrerschaft. Glück hat der Verein, der an seiner örtlichen Schule einen Klootschießer im Lehrerkreis hat.

Quellen:

Vielen Dank der Kreiszeitung Wesermarsch und des Rüstringer Heimatbundes, die diese Recherche durch den Zugang zu Ihren Archiven möglich machten.
Die Kreiszeitung Wesermarsch berichtet seit 1865 (damals noch als Butjenter Zeitung) über Aktuelles aus der Klootschießerwelt.
Der Rüstringer Heimatbund besteht seit 1892 und hat sich der Pflege regionaler Brauchtümer, der Erforschung regionaler Geschichte und der Sicherung dieser verschrieben.
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http://www.ruestringer-heimatbund.de